Am
2. Mai 2003 wird im „The Henry Ford“-Museum, Dearborn, Michigan, das erste mal
seit 37 Jahren der 4,2 Liter V8 eines weißen Ford Mustang Convertible zum Leben
erweckt. Dabei handelt es sich nicht um irgendeinen Mustang. Es handelt sich um
den Mustang mit der Seriennummer ( Vehicle Identification Number – kurz: VIN )
5F08F100001, welcher als der erste Mustang von inzwischen mehr als acht
Millionen gebauten Mustangs, die ab dem 9. März 1964 von den Montagebändern der
Ford Motor Company rollten, gilt. Nicht nur die Tatsache der niedrigen
Seriennummer ist bemerkenswert. Auch die Umstände, wie das Fahrzeug in das „The
Henry Ford“-Museum gelangte, verdienen Aufmerksamkeit, war dies doch bei weitem
nicht so einfach, wie man sich vorstellen könnte.
Dabei
kann man durchaus darüber streiten, ob der Mustang mit der Seriennummer
5F08F100001 tatsächlich als der erste Mustang bezeichnet werden kann. Zum einen
wurden eine Reihe von Vorserien-Mustangs gebaut, welche von der Ford-Technikern
ausgiebig getestet und später wahrscheinlich verschrottet wurden. Zum anderen
sagt die Seriennummer grundsätzlich nichts darüber aus, in welcher Reihenfolge
die Fahrzeuge vom Band rollten, da sie nur den Eingang der Bestellung im
Montagewerk dokumentieren. So kann es also durchaus sein, dass Mustangs mit
einer höheren Seriennummer vor 5F08F10001 vom Band rollten.
Anfang
April des Jahres 1964, knapp zwei Wochen vor der offiziellen Präsentation des
Mustangs am 17. April, lenkt Stanley Tucker, Pilot der Eastern Provincial
Airlines, seinen alten Pontiac durch seine Heimatstadt St. John´s in
Neufundland, als ihm eine Menschenmenge beim örtlichen Ford-Händler auffällt.
Der Grund ist jener weiße Mustang Convertible, der von Ford im Montagewerk
Dearborn/Michigan die Seriennummer 5F08F100001 erhielt und zu Werbezwecken eine
Tour zu verschiedenen Ford-Händlern in Kanada absolvieren sollte. Stanley Tucker
ist von dem neuen Wagen begeistert und überzeugt den Händler, George Parsons,
ihm den Wagen sofort zu verkaufen, obwohl dieser den Wagen gerne noch einige
Zeit zu Marketingzwecken in seinen Verkaufsräumen stehen ließe.
Am nächsten Tag fährt Stanley Tucker schließlich mit seinem neuen Mustang mit der Seriennummer 5F08F10001 nach Hause, ohne dabei jedoch zu wissen, dass dieser Mustang später als der erste Mustang in die Geschichte eingehen wird.
Aber
auch die Ford Motor Company weiß zunächst nichts davon, dass ihr
Promotion-Fahrzeug, welches eigentlich nicht zum Verkauf bestimmt war, nun in
den Händen von Stanley Tucker war. Wenige Tage nach dem Verkauf an Stanley
Tucker – die Ford Motor Company hat inzwischen Wind davon bekommen - meldet sich
daher George Parsons wiederum bei Stanley Tucker um ihm zu sagen, dass der weiße
Mustang irrtümlich verkauft wurde und er den Wagen zurück haben wollte. Tucker,
damals 33 Jahre alt und ein Single, weigert sich jedoch aus verständlichen
Gründen, seinen Wagen wieder herzugeben und fährt in den darauffolgenden zwei
Jahren mit seinem Mustang knapp zehntausend Meilen.
Erst
im Jahr 1966 – Ford hatte inzwischen eine knappe Million Mustangs verkauft –
bemüht sich Ford wieder ernsthaft, den Wagen mit der Seriennummer 5F08F10001
zurück zu bekommen und bietet Stanley Tucker im Tausch mit seinem Mustang einen
brandneuen Mustang seiner Wahl an. Tucker entscheidet sich wiederum für ein
Convertible, diesmal in der Farbe Silver Frost mit einem schwarzen Verdeck,
welches mit allen verfügbaren Sonderausstattungen versehen ist, so zum Beispiel
Styled Steel-Wheels, Klimaanlage, Scheibenbremsen und einem AM-Kassettenradio.
Lediglich beim Motor entscheidet sich Tucker nicht für die 271 PS starke 289 High-Performance-Maschine, sondern für den 289 4V mit 225 PS, da ihn die von Ford eingeschränkte Gewährleistung des High-Performance-Motors abschreckte. Rückblickend war dieser Tausch sicher ein Fehler, wenn man bedenkt, dass der Mustang mit der Seriennummer 5F08F10001 heute sicherlich zu den wertvollsten Mustangs gehört.
Stanley
Tucker fährt seinen 66er Mustang in den darauffolgenden fünf Jahren, wobei er
den Wagen in einen Goldton umlackieren lässt. Irgendwann gelangt der Wagen nach
Antigua, wo Tucker als Pilot Transportmaschinen fliegt. Im Jahr 1971 zieht
Tucker schließlich wieder zurück nach Kanada und verkauft seinen Mustang, der
inzwischen einige Blessuren und Rostprobleme davongetragen hat, an einen
Mechaniker in seinem Heimatort St. John´s.
Aber
zurück zum Mustang 5F08F10001: Dieser befindet sich wieder im Eigentum der Ford
Motor Company, die sich der Bedeutung dieses Wagens durchaus bewusst ist. Der
Wagen gelangt schließlich in das „The Henry Ford“-Museum, wo er die längste Zeit
in einem Lager die Zeiten überdauert. Erst im Jahr 1987 wird der Mustang
5F08F10001 permanent im Museum ausgestellt und im April 2003 anlässlich des
bevorstehenden 40-jährigen Jubiläums des Mustangs wieder in Betrieb genommen.
Dabei werden lediglich die Reifen, der Ölfilter sowie die Wasserpumpe ersetzt
und das Automatikgetriebe neu abgedichtet. Nach 37 Jahren ein recht bescheidener
Aufwand!